6.Philharmonisches Konzert

Ein mutiges, und eigentlich auch legendäres Programm wurde einem da zum 6. Philharmonischen Konzert vom Orchester Altenburg-Gera geboten. Wagner und Bruckner. Ein verschwindend kurzer erster Teil und dafür der famos gewaltige Erguss im zweiten. Lohnenswert.

Leider scheint eine Programmzusammenstellung wie diese, obwohl gar nicht besonders schwer, einfach kraftvoll am Ende des 19. Jahrhunderts gelagert, immer noch zu viele Hörer abzuschrecken. Allein der Komponist Wagner vermag wohl angestrengte Minen zu produzieren. Ein Trugschluss.

Die fünf Wesendonck-Lieder von Richard Wagner, sind lyrisch, ausdrucksstark, genusshaft schön. Sie werden von der Geraer Meistersopranistin Anne Preuß intoniert. Sie mag einem wirklich als Erste des Geraer Ensembles einfallen, denkt man an Wagner. Sie muss eigentlich für diese Partien gemacht sein. Und doch sind die ersten beiden Lieder zumindest fade. Man versteht zu wenig. An Preuß liegt es nicht. Ist das Orchester zu laut? Eigentlich auch nicht. Die zweifellos vorhandenen Absprachen verschlucken die Streicher im Aufbäumen. Zum Glück sind die Texte im Programm abgedruckt. Generalmusikdirektor Laurent Wagner bemüht sich sehr, das Orchester im Zaum zu halten. Ab dem dritten Lied wird es dann auch besser. Sie scheinen sich mehr aufeinander eingestellt zu haben. Vielleicht hat es aber auch jetzt erst der Zuhörer. Es liegt nun mehr Ausdruck im Zusammenspiel, die Linien werden klarer. Auch das Text-Ton-Verhältnis erlangt immer tieferen Sinn. Die Lieder machen so wirklich Freude; ein Genuss sind Orchesterlieder ja allemal. Aber auch eine genauso große Herausforderung. Zum Ende wird diese leider wieder stärker sichtbar. Man wünscht sich einfach zu oft das Klavier als Begleiter. Anne Preuß wäre tatsächlich besser zu verstehen. Und diese Tatsache ist schlussendlich doch verwunderlich. Preuß ist die großen Bühnen gewöhnt, ihre Ausstrahlung ist auch an diesem Abend genial, einer Opernsängerin einfach wunderbar würdig. Sie ist eine große Interpretin, doch kommt sie leider zu selten durch. Möglicherweise entscheidet sich die Frage nach der Bewertung dieses Liedervortrags letztlich auch an der eigenen Einstellung: Mag man das Orchester als Begleitung sehen oder doch mehr als Duopartner? Aber auch bei Letzterem stimmt das Verhältnis zu selten.

Was dann nach der Pause passiert, ist dafür kaum in Worte zu fassen. Anton Bruckners Sinfonie Nr. 9. Die unvollendete, wahnsinnige Nummer 9. Das ist dann wohl die Krone der Schöpfung. Was soll diese Sinfonie denn sonst sein? Eine musikalische Erscheinung, wandernd durch die Zeitalter der Musik. Ein Riese, gewaltig und doch so verletzlich. Was soll man dann dazu schreiben. Wenn man selbst so damit zu kämpfen hat, diesen Brocken zu verarbeiten. Wie soll man denn da noch nach Fehlern suchen. Und wahrscheinlich spricht das auch für sich. Wagner und das Orchester stellen diese Sinfonie so glaublich gigantisch dar, dass sie Erwartungen mindestens erfüllt. Besser übertrifft. Die Musiker sind so bei der Sache, man sieht ihnen Freude und Motivation an. Präzision und Kunst. Andreas Hartmann als Konzertmeister ist die Verkörperung all dieser Gefühle. Ein Konzertvortrag, gemacht, um andere in den Schatten zu stellen. Bewegend, eindrücklich. Unglaublich.

 

Felix Lorber