Musikalische Bestätigung einer gelungenen Spielzeit
Dass gleich zwei „Berühmtheiten“ der Klassikszene Deutschlands den Konzertsaal Geras zum 8. Und letztes Philharmonischen Konzert der laufenden Spielzeit beehren, konnte bis vor ein paar Wochen noch keiner erahnen. Also erfreut es umso mehr, dass der mit dem ECHO KLASSIK ausgezeichnete Dirigent Bruno Weil, über den schon Herbert von Karajan sagte, er habe große Begabung und der in Gera geborene und wohl noch bekanntere Martin Funda, Primarius im mittlerweile international etablierten Armida Quartett, Teil dieses letzten Philharmonischen Konzertes sind.
Brahms‘ Doppelkonzert für Violine und Cello, letzteres ausgeführt von Nico Treutler, welcher sonst in der Rolle des Solo-Cellisten im Philharmonischen Orchester Gera-Altenburg agiert, bildet den ersten Teil des Konzertes. Dass sich beide Solisten in dieser Rolle wohlfühlen, ist nicht nur optisch zu merken – Intonation, Tongebung und das musikalische Miteinander geschehen überlegen und unaufgeregt. Brahms‘ oft eingebaute Passagen mit nur einem oder beiden Solisten ohne Orchesterbegleitung lassen die quasi „entblößten“ technischen und klanglichen Fertigkeiten der beiden Musiker voll zum Vorschein kommen, ehe das Orchester als gleichberechtigtes Gegenstück dieses Werkes in jeder nur denkbaren Stimmung sensibel von Bruno Weil wieder hinzugenommen wird. Treutler, der gegen seinen musikalischen Partner öfter frequenzmäßig im Nachteil ist, steht der Bühnenerfahrung des Violinisten in nichts nach – die schon sonst vom ihm gewohnten solistischen Fähigkeiten aus dem Orchester heraus kommen hier, vor allem in Bachsuite-ähnlichen Solopassen, nochmals hervorragend zum Vorschein. Fundas Umgang mit seinem Instrument, der Leichtigkeit aller virtuosen Passagen sowie Oktavklänge nebst den weit ausgereizten Möglichkeiten der Lautstärken lassen erstaunen und verstehen oder wenigstens vermuten, warum er zu den führenden Violinisten des Landes gehört. Das Publikum quittiert das vollkommen gelungene Doppelkonzert mit herzlichem und langem Applaus.
Im zweiten Teil erwartet den Zuschauer ein Max Reger-typisches Werk der etwas schwereren Kost. Ein Thema des Komponisten Adam Hiller war Anlass für ihn, ein Orchesterwerk mit Variationen und einer Fuge zu komponieren. Das Thema an sich noch als fast kecke Melodie wahrgenommen verschleiert bereits ab der zweiten Variation, sollte dem Zuhörer das Stück nicht zufällig schon besser bekannt sein. Eine gute Möglichkeit also, den Zuhörenden mit jedem Abschnitt in eine neue musikalische Welt eintauchen zu lassen. Vor allem die forte-Variationen mit viel Blechanteil beeindrucken nicht nur durch Laustärke, sondern auch durch Präzision. Auch den Streichern in ihrer Masse, denen in Gera-Altenburg (hoch-)romantische Stücke erfahrungsgemäß und hörbar deutlich besser liegen als Werke der klassischen Epoche, gelingt es an diesem Abend in jeder Stimmung die richtige Klangfarbe zu finden und in schnellen Passagen nie das Miteinander zu verlieren. Weil fällt am Dirigentenpult besonders dann auf, wenn er das Orchester in seiner klanglichen Größe anpeitscht, was den Gesamteindruck zum Positiven noch erhöht. Die Fuge als Höhe- und Schlusspunkt des Werkes lässt Regers ganzes kompositorisches Können zur Geltung kommen. Höchster Anspruch also für alle Instrumentengruppen, die dem Werk aber im Gesamten gewachsen sind. Der überdurchschnittlich lange Applaus des Publikums ist nicht nur sinnbildlich für den hervorragenden Konzertabend, sondern kann aus meiner Sicht als Quittung einer erneut abwechslungsreichen und durchgehend musikalisch hochwertigen Konzertspielzeit der Saison 2016/17 gewertet werden. Ein letztes Konzert wird im nächsten Monat mit deutlich „bekömmlicheren“ Klängen Open-Air auf der Veolia-Bühne im Hofwiesenpark zu erleben sein.
11.05.2017
Tobias Hohberg