3. Philharmonisches Konzert

Bevor das Philharmonische Orchester Gera-Altenburg im Dezember zum traditionellen Jahresausklang einlädt, steht im letzten Philharmonischen Konzert dieses Kalenderjahres ein besonders schwerer Brocken auf dem Programm. Die Wahl der 9. Sinfonie Gustav Mahlers begründet GMD Laurent Wagner auch aus persönlichen Gründen damit, dass das Werk seit seiner ersten Begegnung im 15. Lebensjahr für ihn nicht an Bedeutung nachgelassen hat. Als einziges Werk dieses Konzertabends, vielfach als Meisterwerk, Höhepunkt Mahlers Kompositionsschaffens und Konzerthöhepunkt dieser Spielzeit angepriesen, versetzt es das Orchester unter erstaunlich hohen Druck.

Eine zum Bersten gefüllte Bühne verspricht mit teilweise fünffacher Bläserbesetzung den erstaunlich wenigen Zuhörern von Anfang an ein Konzert der besonderen Art zu werden. Diese Besonderheit drückt sich vor allem in der Musik Mahlers aus: Ein erster Satz mit einer Länge von 30 Minuten (viele Sinfonien anderer Komponisten erreichen in vier Sätzen diese Länge) beinhaltet musikalische Passagen, die beim ersten Hören zwar schön anzuhören, wegen ihres intellektuell hohen Anspruchs aber nicht gleich zu verstehen sind. Plötzliche Fortissimo-Einstiege mit Schlagwerk und Blechbläsern lassen den Zuhörer spüren, warum es sich lohnt, auch mal ein Konzert in einem Theater zu genießen.

Der zweite Satz, musikalisch angeführt von Solofagottist Roland Schulenburg, führt verschiedene Ländlertänze an, die Umsetzung gelingt gewollt grob, Tempowechsel zwischen den Tänzen sind präzise und fließend. Die Horngruppe, an diesem Abend besonders überzeugend und solide, sorgt für immerwährendes Aufschauen. Ein bizarrer, durch Dirigent Laurent Wagner gut angeführter dritter Satz mit ständigen Soleinstiegen verschiedener Instrumente sorgt für erneute Erheiterung im Konzertsaal. Auch hier musikalisch schwer zu verstehende Gebilde erlauben dem Zuhörer vor allem wegen der rhythmisch-ratternden Komponente einen guten Zugang zur Musik. Dieser Satz dient einmal mehr als Beweis, dass das Orchester auch in einer großen Anzahl an Musikern Präzision bewahren kann.

Dass ein neunzigminütiges Werk dieser Art dennoch eine Seltenheit auch für Berufsmusiker ist, zeigt sich spätestens im vierten Satz, welcher wie schon bei Tschaikowksys sechster und letzter Sinfonie eine gewisse Todessehnsucht anklingen lässt. Zwar wie gewohnt durch Konzertmeisterin Judith Eisenhofer tonlich innig, intensiv und leidenschaftlich geführt, gelingt es nicht, die Konzentration bis zum Verklingen des letzten Tons aufrechtzuerhalten, eine gewisse Angst vor der Stille des scheinbar ewigen Schlusses ist spürbar und macht sich durch fehlerhafte Einsätze und Verschlechterung der Klangqualität bemerkbar.

Beeindruckt ist das Publikum an diesem Abend von Orchester und Werk trotzdem und quittiert die Leistung mit lang anhaltendem Applaus.

 

Tobias Hohberg, 10.11.2016